Beatrix Karl

Beatrix Karl

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In der vergangenen Woche tauchte das Gerücht auf, dass künftig auch Urheberrechtsverletzungen über die Vorratsdatenspeicherung verfolgt werden sollen. Was ist an dem Gerücht dran? Die teilweise in Medien und Pressemeldungen verbreitete Information, das BMJ plane, die Verwendung von Vorratsdaten auszuweiten, speziell auf das Urheberrecht, ist falsch. Auch hat einer meiner Sektionschefs beim Hearing des Justizausschusses in keiner Weise eine derartige Ausweitung bestätigt. Es gibt derzeit abgesehen davon auch noch gar keinen Gesetzesentwurf zum Urheberrecht, sondern lediglich verschiedene Arbeitspapiere und Diskussionsgrundlagen. Derzeit werden unterschiedliche Vorschläge zum Urheberrecht in Arbeitsgruppen unter breiter Einbindung (etwa 30 Organisationen) von Beteiligten und Betroffenen diskutiert, erst im Frühjahr ist ein erster Gesetzesentwurf geplant. Es versuchen offenbar verschiedene Interessenvertreter schon sehr früh, hier Stimmung in die eine oder andere Richtung zu machen. Für mich ist das keine gute Gesprächskultur. Man muss ja verschiedene Standpunkte, Vorschläge und Ideen noch austauschen und diskutieren können, eine fachliche Diskussion muss möglich sein, ohne dass gleich Panikmache in der Öffentlichkeit betrieben wird. Mir ist eine breite Diskussion, insbesondere bei sensiblen gesellschaftspolitischen Themen wichtig, so habe ich das auch zB beim Familienrecht gehandhabt und schließlich eine sehr gute Lösung erreicht. Das wünsche ich mir auch beim Urheberrecht. Jetzt hören wir uns die Positionen an, im Frühjahr gibt es dann unseren Entwurf. Das Urheberrecht ist in Zeiten der weltweiten digitalen Vernetzung offenbar nicht mehr zeitgemäß. Wie geht Österreich künftig mit den Eigentümerinteressen einerseits und der Gier der Community nach Gratis-Content andererseits um? Es ist vollkommen klar, dass man angesichts aller technischen Neuerungen,die insbesondere das Internet gebracht hat, rechtlich nicht einfach beim status quo bleiben kann. Neue Möglichkeiten und Herausforderungen verlangen nach neuen Antworten. Mir geht es darum, eine sachliche und ehrliche Debatte über das Urheberrecht zu führen. Es sollen alle Betroffenen eingebunden werden und konstruktiv an einer Lösung mitarbeiten. Mit Hysterie und Totschlagargumenten kommen wir in dieser Sache nicht weiter. Es kann weder um eine Kriminalisierung einzelner Nutzer gehen noch um eine Aufhebung des Urheberrechts im Netz. In Österreich ist uns Eigentum sehr wichtig, aber woran denken wir dabei: das Sparbuch, Grund und Boden, das Auto, die Wohnung… Aber was ist mit Musik, Bildern oder Texten? Auch kreative Leistungen sind etwas wert, wenn sie das nicht mehr sind würde unsere Gesellschaft um Vieles ärmer werden. Auch geistiges Eigentum ist Eigentum, auch dahinter steckt viel harte Arbeit. Jedes Gerücht bzw. jede Anzeige gegen einen Politiker wird derzeit zur MegaSchlagzeile. Damit wird die Justiz mehr und mehr zum politischen Spielball. Ist das die neue politische Kultur in Österreich? Wie gedenken Sie, mit dieser Situation umzugehen? Die Justiz steht heute sicher mehr im Rampenlicht der Öffentlichkeit als früher. Das hat zum einen mit den großen Korruptions- und Wirtschaftskriminalitätsfällen zu tun, die in letzter Zeit aufgekommen sind und bei denen die Justiz wirklich großartige Arbeit leistet. Und es ist sicher auch richtig, dass die Justiz immer wieder leider auch missbraucht wird im politischen Infight. Das ist eine Entwicklung, über die ich als Justizministerin nicht glücklich bin. Die Justiz braucht keinerlei Zurufe von außen Die Politiker sollten sich nicht in die Angelegenheiten der Justiz einmischen,

ebensowenig wie die Justiz in die Politik. Wie in den Medien mit Gerüchten oder Anzeigen umgegangen wird kann ich als Justizministerin natürlich nicht beeinflussen. Es zeigt allerdings, dass es durchaus einen Sinn hat, dass Ermittlungsverfahren nicht öffentlich sind, zum Schutz der Verfahrensbeteiligten, etwa auch der Opfer. Die „Unschuldsvermutung“, die heute immer mehr zur Karikatur verkommt, leitet sich ja schließlich aus der Europäischen Mensc