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Simon Ganahl
»Ad oculos et aures« Massenmediale Bezüge der Dritten Walpurgisnacht von Karl Kraus
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Abonnement IASL print ISSN 1612-0442 Zuletzt aktualisiert: 23.09.2010 [2]
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Abstract: Die Dritte Walpurgisnacht stellt den Versuch von Karl Kraus dar, die Ereignisse der nationalsozialistischen Machtergreifung zeitgenössisch zu verarbeiten. Man liest den Text heute mit offenem Mund, staunend über die massenmedialen Bezüge, die dem Wiener Publizisten schon 1933 erlaubten, sich ein treffendes Bild vom verbrecherischen Charakter des NSRegimes zu machen. Der vorliegende Beitrag geht einigen jener Dokumente nach, die in den Medienarchiven erhalten sind: Es werden Zeitungsartikel über den Tod eines sozialistischen Politikers, Aufnahmen von Propagandareden und einer KZ-Reportage sowie Szenen der Filme N. S. Ton-Bild-Bericht Nr. 2 und Morgenrot ad oculos et aures, das heißt vor Augen und Ohren geführt. Eingebettet ist der Nachweis ausgewählter Presse-, Radio- und Film-Quellen der Dritten Walpurgisnacht in eine Analyse des Medienbegriffs und der Medienkritik, die Karl Kraus in der posthum veröffentlichen Schrift formuliert. Was sich am 30. Januar 1933 in Berlin abspielte, hatte nichts mit einer Revolution zu tun. Das Kanzleramt wurde von Hitler weder erkämpft noch ergriffen, sondern wie ein Paket in Empfang genommen, das eine »Clique von adligen Reaktionären« 1 geschnürt hatte und vom Staatsoberhaupt zugestellt wurde. Das ist keine neue Einsicht, sondern ein Sachverhalt, auf den Historiker und Journalisten ebenso häufig hinweisen wie auf den folgenden Prozess, der bis Mitte 1934 dauerte und mit Recht Machtergreifung genannt wird. 2 Weniger bekannt ist die Tatsache, dass es ein Buch, das heißt ein Fragment über diese politischen Ereignisse gibt, das während ihres Ablaufs entstanden ist und zwei Leitfragen der NS-Forschung medienkritisch zu beantworten versucht: Wie konnte das geschehen? Und was konnte man wissen? Der Wiener Publizist Karl Kraus fing gleich nach der Ernennung Hitlers zum deutschen Reichskanzler an, Dokumente über die Vorgänge im Nachbarland zu sammeln, entschied sich jedoch, dem Datum der letzten Quellen zufolge Ende September 1933, die Korrektur des im Lauf eines halben Jahres verfassten, bereits gesetzten Texts mit dem Titel Dritte Walpurgisnacht abzubrechen. Die nächste Ausgabe der Fackel, die im Oktober herauskam, bestand stattdessen aus einem Nachruf auf den befreundeten Architekten Adolf Loos, der im Sommer verstorben war, und einem Gedicht, dessen letzter Vers lautet: »Das Wort entschlief, als jene Welt erwachte.« 3 Im Juli 1934 veröffentlichte Kraus zwar einige Passagen in
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einem mit »Warum die Fackel nicht erscheint« überschriebenen Heft seiner Zeitschrift; verlegt wurde das formal abgeschlossene, nicht vollendete Werk aber erst 1952 von Heinrich Fischer. Seit 1989 liegt die Dritte Walpurgisnacht als zwölfter Band der Kraus’schen Schriften vor, die Christian Wagenknecht im Suhrkamp-Verlag herausgegeben hat. 4 An eine Kriminalgeschichte gemahnt nicht nur der Weg der Druckfahnen, die von Wien über die Schweiz und New York nach Jerusalem gelangten, wo sie sich heute im Besitz der Hebräischen Universität befinden, sondern auch der eigenartige Verlauf der Rezeption. Denn von den knapp 300 Seiten des Originaltextes, der aus einer Vielzahl dokumentarischer und literarischer Zitate geflochten ist, nahm die Öffentlichkeit, unterstützt von ignoranten Kritikern, ledig